Die Gründungsgeschichte der Universität Lwiw geht bis ins 17. Jahrhundert zurück.
Bereits am Ende des 16. Jahrhunderts kamen Jesuiten nach Lwiw und im Jahre 1608 eröffneten sie hier ihre eigene Schule. Laut dem Vertrag von Hadjatsch (1658) zwischen der Ukraine und Polen-Litauen versprach die polnische Regierung in der Zukunft zwei Hochschulen in der Ukraine zu eröffnen. Die Jesuiten verstanden die Möglichkeit, eine Universität in Lwiw zu gründen, und versuchten ständig, ihre Schule in eine Akademie umzuwandeln.
Am 20. Januar 1661 unterschrieb Jan II. Kazimierz eine Charta, die dem Jesuitenkollegium in Lwiw „Würde einer Akademie und Titel der Universität“ gewährte. Später bestätigte der polnische König August III. die von Jan II. Kasimierz am 20. Januar 1661 erteilte Charta. Von der Gründungszeit und bis zum Jahr 1773 war die Universität Lwiw völlig unter Kontrolle des Jesuitenordens.
Die Universität bestand am Anfang aus zwei Abteilungen (Fakultäten): einer philosophischen und einer theologischen. 75 Prozent der Studenten waren Polen, der Rest waren Ukrainer und Vertreter anderer Nationalitäten.
Nach der Aufhebung des Jesuitenordens im Jahre 1773 wurde die Universität Lwiw geschlossen.
1772 fiel Galizien an Österreich. Um den multinationalen Staat zu zentralisieren und zu germanisieren, widmete die Regierung von Kaiser Joseph II. der Bildung und darunter der Hochschulbildung große Aufmerksamkeit. Es war geplant, eine Universität in Lwiw zu gründen. Bald konnte diese Idee verwirklicht werden: Die feierliche Neueröffnung der Universität fand am 16. November 1784 statt.
Fast bis zum Ende des 19. Jahrhunderts gab es an der Universität drei Fakultäten: eine rechtswissenschaftliche, eine philosophische und eine theologische. Die rechtswissenschaftliche Fakultät war die leitende an der Universität. Im November 1891 erließ der österreichische Kaiser Franz Joseph II. nach langen Zögerungen eine Anordnung über die Gründung der medizinischen Fakultät, deren feierliche Eröffnung am 9. September 1894 stattfand.
Während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts fand der Kampf der Frauen für das Recht auf den Besuch der Universität statt. 1897 wurde es Frauen erlaubt, an der philosophischen Fakultät zu studieren, 1900 durften sie auch an der medizinischen und pharmazeutischen Fakultät studieren. Vielmals verlangten Frauen eine Erlaubnis für das Studium an der rechtswissenschaftlichen Fakultät, aber die Regierung wollte ihnen nicht entgegenkommen.
Für den größten Teil der Studenten war das Studium gebührenpflichtig. Nur für Studenten der theologischen Fakultät war es gebührenfrei.
Die Ereignisse des polnischen Aufstands von 1830–1831 und insbesondere die Revolution von 1848, an der studentische Jugend aktiv teilgenommen hatte, hatten einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Universität Lwiw. Während des Novemberaufstands wurde das Universitätsgebäude in Brand gesetzt, die wertvolle Bibliothek, die schon damals über 51 Tausend Bände und kostbare Manuskripte verfügte, wurde zerstört.
Bis 70er Jahre des 19. Jahrhunderts war die Unterrichtssprache vor allem Deutsch, nur an der theologischen Fakultät unterrichtete man auch auf Latein, einige Disziplinen wurden auch auf Ukrainisch und Polnisch unterrichtet.
In 70er Jahre des 19. Jahrhunderts studierte an der philosophischen Fakultät der Universität Lwiw Iwan Franko, ein weltberühmter ukrainischer Denker, Schriftsteller, Wissenschaftler, Übersetzer und Politiker.
Nach der Niederlage Österreich-Ungarns im Ersten Weltkrieg wurde Galizien polonisiert. Am 18. November 1918 übernahm Polen die Verwaltung über die Universität, die nun den Namen des polnischen Königs Jan II. Kazimierz trug. Die Unterrichtssprache wurde Polnisch, nur an der theologischen Fakultät unterrichtete man einige Disziplinen auf Latein. Ukrainische Lehrstühle wurden aufgelöst. Alle Professoren und Dozenten der ukrainischen Nationalität wurden entlassen. Für die ukrainische Jugend wurde der Zugang zum Studium an der Universität beschränkt.
Laut den Artikeln des geheimen Zusatzprotokolls zwischen der Sowjetunion und Deutschland wurde die Westukraine ab 23. September 1939 der Sowjetunion angegliedert. Am 22. September marschierten sowjetische Truppen in die Stadt Lwiw ein. Am 26. Oktober 1939 wurde sowjetische Macht in der Stadt festgelegt.
Zu den sowjetischen Zeiten erlebte die Universität Lwiw grundlegende Veränderungen. Gemäß der Satzung über die Hochschule in der Sowjetunion wurde grundlegende Reorganisation der Universität in eine Hochschule durchgeführt, an der alle Bürger kostenlos studieren konnten. Die theologische Fakultät wurde abgeschafft.
Am 8. Januar 1940 wurde die Staatliche Universität Lwiw nach dem Namen des berühmten ukrainischen Schriftstellers und Denkers Iwan Franko benannt.
Am 15. Januar 1940 begann der Lehrprozess an der Universität nach einem neuen Programm gemäß der genehmigten Satzung. Zu der damaligen Zeit gab es fünf Fakultäten an der Universität: historische, rechtswissenschaftliche, philologische, physisch-mathematische und biologische.
Die Tätigkeit der Universität wurde aber am 30. Juni 1941 mit dem Angriff Deutschlands auf die Sowjetunion und dem Einbruch der Hitler-Truppen in Lwiw unterbrochen. In den ersten Tagen wurden ungefähr 70 berühmte Wissenschaftler der Universität Lwiw sowie der polytechnischen und der medizinischen Hochschule festgenommen; nach Foltern und Misshandlungen wurden sie erschossen.
Im Jahre 1942 schloss die deutsche Besatzungsregierung alle Hochschulen in der Ukraine. Soldaten plünderten und vernichteten das Universitätseigentum.
Nach der Befreiung der Stadt von Hitler-Truppen nahm die Universität am 15. Oktober 1944 nach einer 3-jährigen Pause wieder den Betrieb auf.
In den Studienjahren 1975–1976 umfasste die Universität bereits 13 Fakultäten. Die wissenschaftliche Bibliothek der Universität spielt eine wesentliche Rolle bei der Organisation des Bildungsprozesses und der wissenschaftlichen Arbeit. Der Bücherbestand erhöhte sich in der Zwischenzeit der Nachkriegsjahre fast um das Fünffache und im Jahre 1985 hatte die Bibliothek über 2.700.000 Einheiten in ihrem Bestand.
Mit der Erklärung der Unabhängigkeit der Ukraine beginnt eine neue Seite in der Geschichte der Universität.
Am 11. Oktober 1999 wurde der Staatlichen Iwan-Franko-Universität-Lwiw durch den Erlass des Präsidenten der Titel „Nationale Universität“ gewährt.
In der unabhängigen Ukraine wurde die Nationale-Iwan-Franko-Universität-Lwiw zur einer der angesehensten Bildungseinrichtungen des Landes und bekam eine große internationale Anerkennung.
Auf der Spitze der Fassade des Hauptgebäudes von der Nationalen-Iwan-Franko-Universität Lwiw steht der Leitsatz: „Patriae decori civibus educandis“ („Gebildete Bürger sind der Glanz des Heimatlandes“). Die Umwandlung unserer Universität in eine moderne europäische Bildungseinrichtung mit dem Erhalt der Errungenschaften und mit der Festigung der besten nationalen akademischen Traditionen ist das Hauptziel unserer Universitätsgemeinschaft.